Oliver Knussen: Violin Concerto op. 30 (2002)

Beginn des Soloparts l. Satz
Beginn des Soloparts l. Satz

Oliver Knussen

geboren 12. Juni 1952 in Glasgow 

gestorben 8. Juli 2018 in Snape, England

 

Uraufführung:

5.4.2002, Heinz Hall, Pittsburgh, PA, USA: Pinchas Zukerman/Pittsburgh Symphony Orchestra/Oliver Knussen

 

CD-Empfehlung:

Leila Josefowicz, 2003

 


Wer Oliver Knussen einmal live dirigieren sah, in einer Aufführung seines Violinkonzertes mit der amerikanischen Geigerin Leila Josefowicz in Zürich, vergisst dieses Konzerterlebnis nicht mehr. Mir jedenfalls erging es so.

Mit der CD-Aufnahme von Knussens Violinkonzertes an den Proms in London will ich diesem Musikerlebnis nochmals nachspüren. Es gibt zudem erfreuliche Anzeichen, dass Knussens Violinkonzert in letzter Zeit doch vermehrt programmiert wird.

Von Anbeginn seines künstlerischen Schaffens war Oliver Knussen sowohl als Komponist wie auch als Dirigent aktiv und kreativ. Er trat als Dirigent besonders für das zeitgenössisches Schaffen seiner Komponistenkollegen des 20. Jahrhunderts ein. Als Komponist hinterlässt er nach seinem plötzlichen Herztod 2018 ein eher kleines, aber präzis gestaltetes Werk, mit Kammermusik, 3 Sinfonien und mit der erfolgreichen Oper nach dem Kinderbuch «Wo die wilden Kerle wohnen». Sein Violinkonzert ist zwar erst 2002 uraufgeführt worden, aber ich zähle Oliver Knussen in der Nachfolge von Berg und Britten doch eher zu den Komponisten des 20. Jahrhunderts, was nicht gegen die Aktualität und Qualität dieses Werkes besagt. Sein Violinkonzert ist zudem Pinchas Zukerman, einem der grossen Geiger des 20. Jahrhunderts, gewidmet. Knussens Musik ist freitonal, funkelnd instrumentiert, faszinierend zu hören, in Momenten magisch und brillant imaginiert. Seine Werke sind meist eher kleinformatig angelegt.  Oliver Knussen sagte selbst: "Ich mag lieber ein paar Minuten verzaubert sein, als eine Stunde hypnotisiert werden." Sein Violinkonzert dauert denn auch nur knappe 16 Minuten. Zudem werden die drei Sätze Rezitativ, Aria und Gigue ohne Pause gespielt, als wären sie  e i n  szenischer Auftritt in einem Theater.

Hier zu hören:

I   Recitative
II  Aria

III Gigue

Satz 1 (Recitative - )

Alles beginnt mit einem Glockenschlag und einem sehr hohen E der Violine: Fantastisches und Zauberhaftes ist angesagt. Dann beginnt die Geige ihre Erzählung mit einem wilden Rezitativ. Aufregung im Orchester, die Geige macht weiter, das Orchester beruhigt sich. Harfe, Vibraphone und Flötenklänge bereiten ein Podium, auf dem die Geige ihre Erzählung weiterführen kann. Das Orchester folgt der Rede der Geige, unterstützt sie in dem, was sie zu erzählen hat. Ab und zu unterbrechen Pauken und Zwischenrufe der tiefen Bläser den dramatischen Bericht der Geige, auch Schlagzeug mischt sich ein. Doch die Geige berichtet weiter, hält an ihrer Erzählung fest, das Orchester reagiert immer anteilnehmender, der Auftritt der Geige beruhigt sich… 

Satz 2 (Aria - )

Dann ein Harfenklang, ruhig geworden erhebt die Geige sich aus tiefer Lage empor zum Gesang. Die dramatische Rede wird zur befreiten Aria, die Geige singt eine lange, frei atmende Melodie…. bis die Holzbläser unterbrechen und der Gesang der Geige erregter wird, besonders weil sich das Orchester bedrängend einmischt. Erst langsam kommt wieder Ruhe auf, die Geige kann ihre Aria zu Ende singen, bis nur noch die Harfe zauberhaft begleitet und die Geige wieder ihr sehr hohes E des Anfangs erreicht, Ende der Erzählung…?

Satz 3 (Gigue)

Aber nein, es geht erst recht los. Nach dramatischem Rezitativ und Aria stürzt sich die Geige jetzt in einen zauberhaft-funkelnden und fantastischen Tanz. Das Horn eröffnet, die Geige steigt mit energischen Doppelgriffen mit ein. Klangzauber. Dann beginnen die Orchestergeigen, von Harfen begleitet, eine wilde Gigue. Die Sologeige gesellt sich dazu, treibt den Tanz voran. Wild stossen die Flöten dazu. Das Orchester steigert sich, wilde Pizzikati der Geige, ständige Steigerung. Die Gigue sei eine übermütige Zirkusnummer, offenbar inspiriert von einem Film über einen Vaudeville-Fiddler-Clown, berichtete Barry Millington im Evening Standard. Kurzes Atemholen, ein Auf und Ab, dann geht’s gar kurz schunkelnd weiter, das ganze Orchester und die Geige treiben einander in Ekstase. Gegen Schluss aber melden sich die Blechbläser, mischen sich ein, bauen von unten längere Bläserklänge auf, rufen die Geige zur Ruhe, sie ermattet, und findet zurück zu ihrem sehr hohen E, ein Schlussklang des Orchesters, Ende der Ekstase und Verzauberung. 


www.unbekannte-violinkonzerte.jimdofree.com

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