Felix Weingartner: Violinkonzert G-Dur op. 52

Felix (von) Weingartner

geboren 2. Juni 1863 in Zadar (Kroa-tien, ehm. Kaiserreich Österreich)

gestorben 7. Mai 1942 in Winterthur (Schweiz)

 

Uraufführung:

28. Oktober 1912 in Wien durch Fritz Kreisler

 

CD-Aufnahme:

Laurent Albrecht Breuninger (2007) 


Unter den vielen erst im 21. Jahrhundert neu entdeckten und beim Label cpo eingespielten Orchesterwerken des Komponisten und Dirigenten Felix Weingartner (7 Symphonien,  mehrere symphonische Dichtungen, Serenaden usw.) sticht das Violinkonzert von 1911 als eines der unproblematischen Werke hervor. Es ist melodienreich, überschaubar, spätromantisch in Harmonik und Stil, und – was ein Violinkonzert ausmacht – dankbar für den Solisten, virtuos und unmittelbar wirksam in seiner Ausstrahlung auf das Publikum. Glückliche Klänge des Orchesters holen die Zuhörenden unmittelbar ab und lassen sie staunen über die Schönheit und Eleganz des Geigenspiels.

 

Felix Weingarnters Violinkonzert wurde 1911 für den 36jährigen, bereits international bekannten Geiger Fritz Kreisler (1875 - 1962) komponiert, der es am 28. Oktober 1912 in Wien mit grossem Erfolg uraufführte. Darauf erschien am 1. November in der «Neuen freien Presse» unter dem Kürzel «J.K.» eine begeisterte und höchst kompetente Konzertkritik, aus der ich hier gerne Ausschnitte wie den folgenden zitiere: «So will auch Weingartners Konzert vor allem ein kleines, lebensfrohes Fest der Geige sein, bei dem allerdings auch das in modernen Farben prangende Orchester mitfeiert. Die Faktur ist die sicherste, der gefällige Inhalt von Laune und Geist eingegeben» (J.K.). J.K. ist übrigens niemand anders als Julius Korngold, der Vater von Erich Wolfgang Korngold, dessen Violinkonzert es ohne seinen Vater geschafft hat, berühmt zu werden.

 

Hier zu hören!

SATZ 1 (allegro Placido)

 

«Sein wie aus einem stillen Glücksgefühl geborenes, stufenmässig ab und auf steigendes Hauptthema hält klassischen Zuschnitt fest, während das Seitenthema, schon gegenwartsfreudiger geformt, mit Natürlichkeit Modulationsbrücken zwischen D-Dur und Des-Dur schlägt. In der Durchführung melden sich hauptsächlich Instrumentaleffekte, die mit bemerkenswerter Oekonomie der Mittel erzielt sind» (J.K.).  Brillante Läufe der Geige, Hornrufe, Klarinetten-Terzen, Flötentriller, eine Stimmung wie an einem Frühlingsmorgen, Bläserrufe und sonores Mitsingen der Geige lösen sich ab. Farbige Klänge,  auftrumpfende Fanfaren der Blechbläser und Dreivierteltakt-Seligkeit begleiten die Geige durch die Durchführung. Triller und Läufe in der Geige führen dann zur Reprise. Das Hauptthemas strahlt gross und breit im Orchester auf und verliert sich nochmals in Zwischenthemen der Exposition. Schliesslich bringt auch die Geige nochmals das Seitenthema. Das Orchester bereitet mit einem weiten Anlauf einen Höhepunkt vor, der Platz für die Kadenz der Geige macht. Brillant, aber ohne das Orchester und sein schönes klassisches Hauptthema zu vergessen, schliesst dann der Satz in wirkungsvoller Brillanz.

 

Satz 2 (Andantino quasi allegretto)

«Ein kleiner, freier Variationssatz, der nun folgt, nützt ein balladenhaftes, volksliedartiges G-moll-Thema. Die Veränderung in E-dur bringt viel Eigentümliches, vielleicht das Eigentümlichste des ganzen Werkes. Die silberschimmernde Melodie wird geheimnisvoll vom Orchester umrauscht, die Rückkehr in die Moll-Melodie vollzieht sich mit Feinheit und Stimmungskraft» (J.K.). Auch hier bieten die Variationen der Geige reiche Gelegenheit für virtuoses Brillieren, im E-Dur Mittelteil auch zum weitausholenden Singen in höchsten Tönen. Der Schluss klingt schliesslich ruhig in G aus.

Satz 3 (Caprice savoyard: Allegro molto deciso)

«In dem Caprice savoyard betitelten Finale entfesselt ein breitschallendes Ges der Hörner (und Trompeten), das als Fis zu deuten ist, eine wirbelnde Zweivierteltakt-Flottheit. Ein quecksilbriges Sechzehntelthema, dann eine Chanson populaire tollen in atemloser Bewegung dahin. Witzige Rhythmik, witzige Instrumentierung: der pikante französische Esprit des brillanten Stückes ist offenbar. Es gibt dem Geiger zu schaffen, den es dafür auf den Thron hebt» (J.K.). Treffender und knapper als in diesem Zitat von J.K. kann dieser Satz nicht zum vergnügten Mithören verlocken.

Einzig noch ein vertiefendes Zitat aus dem Buch «Akkorde» von Felix Weingartner selbst kann den Charakter dieses Konzertes zum Ausdruck bringen: «Auch einmal nichts Tiefes sagen, sich leicht und vornehm unterhalten, sich von der liebenswürdigen Seite geben, das muss der grosse Künstler können … Dieses anmutige Spiel, dieses lächelnde Tändeln mit den Erscheinungen des Lebens verlangt nicht minder grösste geistige Freiheit und Elastizität und nicht weniger sittlichen Ernst als die Tragik. 


www.unbekannte-violinkonzerte.jimdofree.com

Kontakt

 

tonibernet@gmx.ch