Francesco Antonio Bonporti: Concerto a quattro, due Violini, alto Viola, e Basso, con Violino di Rinforzo op 11 No 5 (um 1715)

Francesco Antonio Bonporti:

geboren 11. Juni 1672 in Trient

gestorben 19. Dezember 1749 in Padua

 

Entstehung:

um 1715 

 

CD-Aufnahmen:

Simon Standage 1992

Stanley Richie 1995

Alberto Martini 2001


Ein Konzert, zu schön als einfach vergessen zu werden, oder in einem Gesamtwerk unterzugehen, dieses fünfte Violinkonzert F-Dur aus der Sammlung Concerti a quattro, due Violini, alto Viola, e Basso, con Violino di Rinforzo (Trient, um 1715). Es ist ein genial schönes Stück Musik aus einer Sammlung von zehn Konzerten. Das Konzert stammt, so steht es auf der Originalausgabe, “del SIG.D.Francesco Antonio Bonporti, Dilettante di Musica, e familiare aulico di sua maestà caesarea, regia, e cattolica”. Diesen Titel erhielt Signor Bonporti von Kaiser Karl VI, denn Bonporti war ein gut ausgebildeter und weitherum anerkannter Komponist. Dazu trug bei, dass Bonporti seine Kompositionen auf eigene Kosten drucken liess und weitherum verschickte.

Geboren in Trient, wurde er 1691 in das Collegium Germanicum in Rom aufgenommen, wo er Theologie studierte. Während seines Aufenthalts in Rom bildete er sich zudem in Komposition bei Giuseppe Ottavio Pitoni aus, und möglicherweise auch in Violine bei Arcangelo Corelli, was aber historisch nicht bestätigt ist.

Er wurde 1695 zum Priester geweiht und kehrte nach Trient zurück und wirkte fast sein ganzes Leben am Dom von Trient, ohne allerdings eine bedeutende berufliche und kirchliche Stellung eingenommen zu haben. Weil er zu seiner Enttäuschung nicht zum Kanonikus des Trienter Doms ernannt wurde, verliess er Trient und verbrachte die letzten 8 Jahre in Padua, wo er 1749 begraben wurde, ein Jahr vor Bachs Tod. Bach war von seinen 10 Invenzioni [da Camera] a Violino solo [e Basso] (1712 und folgende) beeindruckt und schrieb sie ab, sodass es zu einer Verwechslung kam und Invenzioni von Bonporti ins Bach-Werk-Verzeichnis mit aufgenommen wurden.

Wie Vivaldi war er Priester, der aber keine Reisen unternahm und keine Opern dirigierte. Seine erhaltenen Kompositionen sind denn auch zu einem grossen Teil Werke für Violine oder geistliche Motetten.

Zu schön, um vergessen zu sein. Unterdessen gibt es eine Bonporti-Edition auf CDs, und ab und zu ist auch eines seiner Concerti zu hören, denn im Grunde sind diese Concerti a quattro mit einer verstärkenden Violine Geigenkonzerte im italienischen Stil. Weniger die Virtuosität steht aber im Vordergrund, sondern die Vielfalt der Klänge und Bewegungen, die Musik hervorbringen kann. Gerade das hier vorzustellende Konzert zeugt von Bonbortis ganz eigner verinnerlichter Liebe zur Musik. Bonporti, ein Dilettante di Musica eben.

 

Hier zu hören:

1. Satz (Largeto)

2. Satz (Recitativo. Adagio assai)

3. Satz (Allegro)

 

Hörbegleiter:

Satz 1 ("Largeto")

Der Beginn wie eine Frage, ein Hinhorchen auf das, was kommen mag. Dann ein friedliches Ausschwingen der Triolen wie ein einfühlsames Antworten. Es folgt nicht wie üblich in italienischen Violinkonzerten ein erster brillanter Satz, vielmehr geht es friedlich weiter, wie ein in aller Aufmerksamkeit geführter Diskurs, auf Konsens hin zielend, ohne zu problematisieren, ein dialogisches Hin und Her in behutsamem 3/8tel Takt. Ab und zu ein kurzes Einhalten, um dann aber gleich weiterzumachen. Die Zeit verliert sich in diesem wiegenden Vorangehen, die Impulse lösen sich ab, vermischen sich und alles in versöhnlicher Stimmung. Erst eine Art Reprise bringt wieder wie zu Beginn offene Fragen und erneut eine Art versöhnliche Antwort, aber nicht um aufzuhören, sondern um in diesem friedlichen Gespräch zu verweilen. Dazu bringt jetzt auch  die Sologeige mit auffällig  ansteigenden Melodiebögen ihre Stimme mit ein. Alles strömt, immer wieder dieses Ausschwingen der Triolen. Erst langsam ein friedliches Einhalten. Die Fragen dürfen bleiben, keine Antworten mehr.

 

Satz 2 (Recitatio. Adagio assai)

Sofort meldet sich die Sologeige mit einem freien Rezitativ. Man folgt gespannt ihrer Erzählung. Eine lange, atemberaubend schöne Melodie, immer wieder begleitet von gebrochenen Akkorden, spricht sich aus, bringt das Schönste ein, was ein Geigenspiel einbringen kann. Ein Mensch schüttet sein Herz aus, schmerzvoll, aber nicht ohne Trost. Ist es gar Dankbarkeit, in allem getragen zu sein und doch sich selbst und allein zu sein? Demütiger Schluss.

Satz 3 (Allegro)

Erst jetzt beginnt eigentlich ein lebhaftes Konzertieren, wie es typisch ist für italienische Violinkonzerte. Ein Allegro-Satz spielt sich im Hin und Her der Motive in Begeisterung. Rasches Tempo und glitzernde Figuren, wie es zu einem Geigenkonzert gehört. Die Musik reisst mit, ohne zu drängen und stürmen. Charmant wirbt das Konzert um unsere Aufmerksamkeit, unser Einstimmen und unsere  Mitfreude. Dann ist es auch schon vorbei, mehr braucht es nicht.

 


www.unbekannte-violinkonzerte.jimdofree.com

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